Rückblick 100 Jahre Pfarrei San Spiert Pontresina

Im September vor 100 Jahren wurde der zum gleichnamigen Restaurant gehörende Festsaal «Casino» zur katho­lischen Kirche umgebaut, dem hl. Geist, romanisch San Spiert, geweiht und die Pfarrei San Spiert wurde gegründet. Casino ist laut Wikipedia ein Gesellschafts­haus für Zusammenkünfte, zum Feiern, für Unterhaltung und Spiele. Die Kirche blieb nach dem Umbau Gemeinschafts­haus zum Feiern, neu mit Gott selbst als Gastgeber. Und von Jesus wissen wir aus den Evangelien, dass er gern in Gesell­schaft gefeiert hat. Unsere Kirche hat während des Jubi­läumsjahrs dem alten Gebäudenamen Casino alle Ehre gemacht. Der Kirchen­ vorstand lud die Gemeinschaft, die Gesellschaft zu diversen Anlässen, Konzerten und Begegnungen, eben zum Feiern, ein.

Der renommierte Kirchenmusiker und Organist Marian Polin aus dem Südtirol gab am 5. Februar ein ausserordentlich schönes Konzert zum Thema Heiliger Geist mit Melodien von Interpreten aus verschiedenen Jahrhunderten. Seine Klänge, die er aus der doch recht klei­nen Orgel zauberte, begeisterten.

Im April begab sich eine kleine Gruppe von Pfarreimitgliedern auf Pilgerreise zur Basilika Madonna di Tirano, um unsere Pfarreigemeinschaft auch der Fürbitte der Mutter Jesu wieder neu anzuvertrauen.

Am 4. Juni lud der Seelsorgerat die Seniorinnen und Senioren der Pfarrei zu Kuchen und Kaffee in den Pfarrsaal ein, auch mit der Einladung, von früher zu erzählen. Es kamen einige heitere Anekdoten und Erinnerungen an den Tag, wie etwa diese, dass unsere Orgel nur im Chor steht, weil dem damaligen Kirchenpräsidenten die Geduld ausging, auf Antwort des Bischofs zu warten. Der liess sich mehr als ein halbes Jahr Zeit, um zu erklären, dass in einer katholi­schen Kirche die Orgel hinten eingebaut sein muss. Ja, da stand sie halt schon vorne und steht immer noch da. Auf eben dieser Orgel spielte der Orga­nist Marian Polin am 2. Juli an einem zweiten Konzertabend mit grosser Lei­denschaft und Freude geistliche Musik.

Nach einer eindrucksvollen Dienst­zeit von 21 Jahren verlässt uns Pfarrer Dominik Bolt, um im Herbst die Leitung der Pfarrei Lenzerheide zu übernehmen. Am 9. Juli lud er zu seinem Abschieds­gottesdienst ein, bei dem der Portugie­ sen Chor mit seinem Gesang für eine besonders fröhliche Atmosphäre sorgte.

Von Mitte bis Ende Juli fand im Pfarrsaal die Kunstausstellung von Ciro statt, einem Künstler aus Loppiano bei Florenz. Seine Bilder und Skulpturen sind alle­ samt aus altem wertlosen Material: aus Holz, weggeworfenem Metall, Nägeln, Schrauben … Er zeigt, welche Schön­ heit und Kostbarkeit es in scheinbar Nutzlosem zu entdecken und neu zu gestalten gibt, wenn man mit einem liebevollen Blick darauf schaut.

Am 18. August luden vier ehemalige Schweizergardisten zum gemütlichen Zusammensein ein. Sie erzählten viel Spannendes, auch Abenteuerliches aus ihrem Dienst für die Kirche und den Papst in Rom.

Am strahlenden 19. August dann der Höhepunkt der ganzen Feierlichkeiten, die feierliche hl. Messe mit unserem Diö­zesanbischof Josef Maria Bonnemain. In einer vollen, festlich geschmückten Kirche, umrahmt von wunderschönem Gesang, flankiert von den Gardisten in ihren Trachten, predigte der Bischof mit mediteranem Temperament, was eine christliche Gemeinschaft ausmacht: Menschendienst und Gottesdienst zugleich. Und dass sich die Kraft des Heiligen Geistes nicht in Kirchenmauern manifestiert, sondern in den Herzen der Menschen. Sie sind die lebendigen Stei­ne, aus denen Gott die Kirche baut. Er ermutigte uns, nicht stehen zu bleiben, sondern mit Visionen aktiv in der Kirche mitzuarbeiten, nicht als Konsumenten, sondern als Protagonisten, es zu wagen, zu träumen von einer Kirche, die hinaus­ geht, um die Freude, die Freiheit und den Frieden des Evangeliums zu alle zu bringen, gemeinsam. Er zitierte Dom Hélder Câmara: «Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum, wenn viele zusammen träumen, ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit!» Die Menschen auf dem Kirchenplatz zeigten sich beim anschliessenden Apéro noch sichtlich berührt von den begeisternden Worten des Bischofs. Bei strahlendem, warmem Sommerwetter teilten sie die Festfreude miteinander. Viele kamen auch mit dem Bischof ins Gespräch und waren begeistert von seiner offenen, lebensfrohen, herzlichen Art. Für alle Interessierten gab es eine Festschrift zur 100­jährigen Geschichte und einen einfachen, sehr schönen Ro­senkranz aus Holz zum Mitnehmen.

Der reformierte Pfarrer Thomas Maurer überbrachte im Namen der evangeli­schen Kirche einen grossen Blumentrog zum 100. Geburtstag. Beim anschlies­senden Mittagessen, zu dem aktuelle und ehemalige Angestellte, freiwillig En­gagierte und andere Ehrengäste einge­laden waren, sprach die Gemeindeprä­sidentin Nora Saratz Cazin davon, dass in Pontresina die Kirchen Menschen zusammenbringe und die Gemein­schaft im Dorf stärke. Sie empfindet die Zusammenarbeit mit den Kirchen vor Ort als ein sehr schönes Miteinander.

Mit dem Konzert der Grupo Coral Cor Português da Engadina fand das Jubilä­umsjahr am 3. September in der Kirche seinen Abschluss. Die Sänger/­innen und Sänger, unterstützt und begleitet von InstrumentalistInnen, begeisterten die vielen Freunde, Fans, Pfarrei­ und Familienmitglieder mit einem sehr abwechslungsreichen Programm. Albin Battesta, der Kirchgemeindepräsident, brachte es in seinen Dankesworten auf den Punkt: «Der Chor singt mit dem Herzen auf der Zunge, mit Leidenschaft und Freude, die ansteckt und mitreisst. Gehen wir also weiter, zuversichtlich, im Wissen um die Kraft des Heiligen Geis­ tes, ins neue Jahrhundert der Pfarrei San Spiert, und bauen wir gemeinsam an einer lebendigen Kirche.»

Monika Biedermann